THERAPIE DES METASTASIERTEN HORMON-SENSITIVEN PCA (MHSPC)
THERAPIE-OPTIONEN
* Für unfitte oder gefährdete Patienten: Individuelle Entscheidung
** Für die Triplet ADT plus Docetaxel plus Abirateron/Prednison gibt es keine Zulassung
Bei Beginn der Androgendeprivation mit einem LHRH-Agonisten ist eine Flare-Protektion notwendig. Um eine rasche Testosteron-Suppression ohne Risiko eines Flares zu erreichen, kann der LHRH-Antagonist Degarelix verwendet werden.
Auf Grund des erhöhten Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse unter Androgendeprivation wird eine gute Blutdruckeinstellung, ein Monitoring des Lipidprofils (z.B. 1x im Jahr) und unter Umständen des Blutzuckers (z.B. 1x im Jahr HbA1c Messung) empfohlen.
Eine kombinierte Systemtherapie ist der Standard für fitte Patienten mit mHSPC. Die Art der Therapie-Kombination richtet sich nach der Krankheitskategorie und nach der Volumen- bzw. Risiko-Einteilung.
Bei synchronen Patienten mit «low-volume» mHSPC (basierend auf CT/Szintigraphie oder extrapoliert von PSMA PET) kann eine Bestrahlung der Prostata empfohlen werden. Abhängig vom pelvinen Lymphknotenbefall kann eine zusätzliche Radiotherapie des pelvinen Lymphabflusses evaluiert werden. Im Einzelfall kann eine radikale zytoreduktive Prostatektomie mit Lymphadenektomie evaluiert werden.
Therapiewechsel: In der Regel nur bei 2/3 Kriterien:
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PSA-Anstieg und/oder
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Klinische Progression und/oder
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Radiologischer Progress
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(Ausnahme klarer radiologischer Progress, insbesondere mit viszeralen Metastasen, auch bei stabilem PSA)
Patienten sollten über die Möglichkeiten der Behandlung von Libidoverlust und erektiler Dysfunktion beraten werden: Psychologische Beratung, medikamentöse Therapie (Phosphodiesterase Inhibitoren, Prostaglandine), mechanische Hilfsmittel (Pumpe, Penisring), Prothese.
Bei metachron oligometastasierter Erkrankung (generell maximal 3–5 Metastasen in Lymphknoten und/oder Knochen) kann eine stereotaktische Radiotherapie evaluiert werden. Dieses Konzept kann allein oder in Kombination mit einer systemischen Therapie (ADT plus/minus endokrine Erweiterung) angewandt werden. Bei Bestrahlung aller nachgewiesenen Metastasen kann die Dauer der Systemtherapie zeitlich begrenzt werden (z.B. 6–24 Monate).
Bei Verdacht auf eine aggressive Variante (neuroendokrin bzw. kleinzellige Transformation) können unter Umständen die Marker NSE, Chromogranin A und CEA erhöht sein und eine Bildgebung sollte erwogen werden.
Eine osteoprotektive Therapie mit Basismassnahmen (Calcium/Vitamin D3, Kraft- und Ausdauertraining, Nikotin Stopp, moderater Alkoholkonsum) ist empfohlen. Bei erhöhtem Frakturrisiko* bzw. bei Nachweis einer Osteopenie/Osteoporose in der Knochendichtemessung wird eine osteoprotektive Therapie mit Denosumab bzw. einem Bisphosphonat empfohlen. Vor Beginn einer Therapie mit Denosumab oder einem Bisphosphonat wird eine zahnärztliche Kontrolle empfohlen.
Ein regelmässiges Kraft- und Ausdauertraining wird zum Erhalt der Muskelmasse, Prävention von kardiovaskulären Komplikationen sowie zur Reduktion von Hitzewallungen und Müdigkeit empfohlen.
Patienten mit einem metastasierten Prostatakarzinom qualifizieren für eine Abklärung einer vererblichen Ursache. In einem ersten Schritt wird die molekulare Diagnostik am Tumorgewebe durchgeführt und die Befunde je nach Ergebnis weiterverfolgt. Bei Vorliegen einer positiven Familienanamnese (z.B. gehäuft oder in jungem Alter aufgetretene Krankheitsfälle von Prostata-, Mamma-, Ovarial-, Pankreas-, Colon-Karzinom) ist eine genetische Beratung und ggf. eine erweiterte Keimbahntestung auch bei unauffälliger Tumorgewebe Testung indiziert.
MONITORING
mHSPC THERAPIE-OPTIONEN – HOHE TUMORLAST⁴
Bei synchronem «low-volume» mHSPC (oligometastasiert) kann zusätzlich zur Systemtherapie und zur lokalen Therapie des Primärtumors eine Metastasen-gerichtete Therapie (Radiotherapie oder OP) der Metastasen evaluiert werden. Die Evidenz dazu beruht auf aktuell kleinen Phase II Studien ohne Langzeitverlauf.
Regelmässig: Klinik, Blutentnahme (z.B. Blutbild, ALP, LDH, PSA, Kreatinin, Bilirubin, Transaminasen)
Bildgebung:
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«High-volume»: nach 6–8 Monaten (zur Dokumentation der «Best Response») und danach abhängig vom Ansprechen und der Ausdehnung der Erkrankung alle 6–12 Monate
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«Low-volume»: nach 6–8 Monaten (zur Dokumentation der «Best Response») und danach zum Beispiel alle 12 Monate
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Grundsätzlich mit CT und Szintigraphie
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Das PSMA PET/CT5 ist zum Monitoring aktuell nicht zugelassen. Bei biochemischem Progress und Verdacht auf Oligo-Progression sowie vor Einsatz einer möglichen Radioliganden Therapie kann eine PSMA PET Untersuchung sinnvoll sein.
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Bei ausgedehnten ossären Metastasen in der Wirbelsäule: Wirbelsäulen MRT, insbesondere bei Verdacht auf spinale Kompression
UNTERSTÜTZENDE MASSNAHMEN
Bei störenden Hitzewallungen sollten Patienten über Verhaltensmassnahmen, integrativmedizinische Optionen (z.B. Akupunktur) und medikamentöse Massnahmen (Venlafaxin, Sertralin, Gabapentin, Cyproteronacetat) beraten werden.
¹ Basierend auf CHAARTED und LATITUDE unter Berücksichtigung, dass in der CH in der Regel ein PSMA PET/CT als Staging vorliegt
² Zulassung: nur LATITUDE high-risk, mindestens 2 der 3 folgenden Risikofaktoren definiert: (1) Gleason-Score ≥8; (2) mindestens 3 Knochenmetastasen; (3) viszeraler Metastasen (ohne Berücksichtigung des Lymphknotenbefalls).
³ Keine Zulassung
⁴ In allen Studien kein OS Benefit, aber in PEACE-1 Reduktion des Risikos schwere lokaler Komplikationen (Katheter, Doppel-J, Nephrostomie, Salvage RT oder RP, TURP
mHSPC THERAPIE-OPTIONEN – GERINGE TUMORLAST⁴
¹ Basierend auf CHAARTED und LATITUDE unter Berücksichtigung, dass in der CH in der Regel ein PSMA PET/CT als Staging vorliegt
² Zulassung: nur LATITUDE high-risk, mindestens 2 der 3 folgenden Risikofaktoren definiert: (1) Gleason-Score ≥8; (2) mindestens 3 Knochenmetastasen; (3) viszeraler Metastasen (ohne Berücksichtigung des Lymphknotenbefalls).
³ Keine Zulassung
NOTABENE
* Risikofaktoren für Osteoporose: Alter > 65 Jahre, Rauchen, BMI <24, Familienanamnese für Hüftfrakturen, persönliche Anamnese für Fragilitätsfrakturen > 50 Jahre, Steroidgebrauch > 6 Monate, T-Score in der Knochendichtemessung < –1.5
DEFINITION
Krankheitskategorie:
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Synchron (de-novo) metastasiert: M1 ohne Vorbehandlung für PCa
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Metachron (rezidiviert) metastasiert: M1 nach lokaler Behandlung (OP oder RT ± Salvage RT)
Volumen und Risiko-Kategorie (mit konventioneller Bildgebung CT/Szintigraphie):
«High-volume» mHSPC (CHAARTED)²:
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Viszerale Metastasen und/oder
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≥4 Knochenmetastasen mit ≥1 ausserhalb der Wirbelsäule/des Beckens
«High-risk» mHSPC (LATITUDE)3 mindestens 2 von 3 «high-risk» Kriterien (mit konventioneller Bildgebung CT/Szintigraphie):
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Gleason ≥8 (ISUP 4–5)
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≥3 Knochenmetastasen
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Viszerale Metastasen